Marketing 2026

Wenn Trends zum Diktat werden.

Ich brauch als Marketeer nicht mehr jeden Trend mitspielen. Denn Marketing ist mehr als der Griff zu Neuem. Oder doch nicht?
Leuchtende, cyanfarbene 3D-Schrift auf dunklem Gitterboden mit den Worten "#FUCK U TRENDS!" und Symbolen.

Trends als Selbstzweck?

Es gab eine Zeit, in der ich jedem neuen Trend hinterhergerannt bin. Ja. Tatsächlich! Ob neue Formate, neue Plattformen, neue Best Practices. Ich wollte verstehen, ausprobieren, „vorne dabei“ sein.
Und ein Teil von mir will das immer noch. Aber je länger ich in diesem Beruf arbeite, desto klarer spüre ich, dass Trends heute eine andere Rolle spielen als früher. Sie sind schneller und lauter. Anspruchsvoller. Und wechselhafter. Und sie werden oft zu einem Selbstzweck. Irgendwann habe ich gemerkt, dass der innere Druck nicht mehr vom Kunden oder der Marke kommt. Er kommt vom System. Und das ist ein Unterschied.

Wenn Trends nicht mehr inspirieren, sondern diktieren

Ich sehe immer mehr Inhalte, die mir als „notwendig“ verkauft werden: Du brauchst diesen Stil. Du brauchst diesen Hook. Du brauchst diese Frequenz. Du brauchst diese Ästhetik. Du musst dieses und jenes! Too much! To fast! Not sustainable enough!
Es ist ein seltsamer Widerspruch. Trends sollen Kreativität entfalten. Aber oft erzeugen sie das Gegenteil: Konformität. Ich merke das in meinem eigenen Denken. Plötzlich bewerte ich Ideen nicht mehr nach ihrer Wirkung, sondern nach ihrer Trendkompatibilität. Und jedes Mal, wenn mir das auffällt, weiß ich: Das ist kein Fortschritt. Das ist ein Alarmzeichen.
Trends erzeugen Geschwindigkeit, aber keine Richtung
In vielen Unternehmen sehe ich dasselbe Muster: Wir jagen Trends hinterher, weil wir Angst haben, etwas zu verpassen. Aber während wir rennen, verlieren wir aus dem Blick, wohin wir eigentlich wollen.
Trends geben Taktung. Aber sie geben keinen Kompass. Ich beobachte das besonders stark in Social Media: Was gestern galt, ist heute irrelevant. Was heute hype ist, ist morgen ausgelutscht. Was morgen Trend ist, widerspricht dem Trend von heute. Und als Marketeer stehe ich dazwischen. Mit dem Auftrag, Orientierung zu schaffen. Nicht Chaos zu bedienen.
Wenn der Trend das Denken ersetzt
Wenn Trends zum blinden Selbstzweck werden, passieren drei Dinge:
  1. Wir machen Dinge, weil man sie macht, nicht weil sie sinnvoll sind
  2. Wir verwechseln Lautstärke mit Relevanz
  3. Wir verlieren den Kontakt zur Marke, die wir eigentlich führen sollen
Und das ist der Moment, in dem ich persönlich innehalten möchte. Denn eine Marke ist kein Performer in einem Trendkarussell. Sie ist ein Orientierungspunkt. Ein Zeichen. Ein Versprechen. Wenn wir Trends blind bedienen, verliert dieses Versprechen an Klarheit.
Die Sache mit der „Authentizität“
Einer der Trends, der mich am meisten irritiert, ist der Trend zur "künstlichen Authentizität". Ein Paradoxon per se! Alles soll rough wirken. Ehrlich. Menschlich. Aber es ist oft nichts davon. Es ist ein Stilmittel. Ein Produktionsformat. Ein Algorithmus-Trigger. Und irgendwann stellt man fest: Wir produzieren „natürlich“, weil es gut performt. Nicht weil es natürlich ist. Das ist der Moment, in dem Trends paradox werden: Sie verlangen Echtheit, erzeugen aber Simulation. Der Begriff der Authentizität wird somit ad absurdum geführt. Und das macht diesen "Trend" abstoßend für mich, weil ich mich als Marketeer, aber auch als Kunde nicht ernst genommen fühle.
Was Trends eigentlich sein sollten
Ich bin nicht gegen Trends. Ich bin gegen Trendhörigkeit! Ein guter Trend soll inspirieren, öffnen, Impulse geben, das Denken erweiterm, Räume größer machen. Nicht kleiner. Gehetzter. Schneller. Künstlicher. Ein schlechter Trend zieht magnetisch an, bis jede Idee gleich aussieht und jede Marke denselben Ton spricht. Gute Marketeers erkennen den Unterschied. Und sie haben den Mut, Nein zu sagen. Nicht aus Arroganz, sondern aus Verantwortung.
Neonleuchtende 3D-Buchstaben bilden die Wörter „FUCK U TRENDS!“ mit Hashtag, Sprechblase, Play-Symbol und Herz.
Trendy? Nicht um jeden Preis
Hooks, Cuts, Roughness, Authentizität! Sind wir ehrlich: Marketing braucht Mut zur Relevanz, nicht Mut zur Nachahmung. Trends sind per Definition vergängliche Dinge, Haltung ist etwas Dauerhaftes.
ArtikelSerie: Marketing 2026
Verliert das moderne Marketing die Seele?
Droht das Marketing zu einem reinen Effizienzspiel zu werden? Diktieren Algorithmen Tempo, ersetzen Trends Denken und wird scheinbare Authentizität zum Produktionsstil? Was bleibt übrig, wenn wir Wirkung mit Output verwechseln? Im Leitartikel der neuen Serie zeige ich, warum Marketing mehr ist als Zahlen, Frequenzen und Formate. Und weshalb wir gerade jetzt lernen müssen, wieder zwischen Mechanik und Bedeutung zu unterscheiden.
Gedanke 1
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Gedanke 2
Der Effizienzmythos: Wie wir den Marketingbegriff verlieren, wenn alles zur Kennzahl wird
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Die erschöpfte Maschine: Wie Social Media Rollenbilder prägt und eine ganze Generation formt
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Die Inszenierung des Echten: Warum Authentizität zur Methode wurde und keine Haltung mehr ist