Part 2: Meine Daten?

Datenschutz ist wie ein Marvel Film: Alle 2 Jahre eine neue Variante

Facebook! Cambridge Analytica! Datenkrake! Skandal! Skandal! Skandal! Viel wurde in den vergangenen Tagen wieder über Facebook, soziale Netzwerke, die Verantwortung über Daten und deren Umgang berichtet. Zuckerberg wurde an den Pranger gestellt und -ach ja- die Wahl Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte auch noch irgendwie etwas damit zu tun. Geile Story! Geil in ihrem Ausmaß, aber in jedem Fall geil wegen ihrer Medienwirksamkeit.

Wie alle 2 Jahre, wenn das Thema Datenklau aufpoppt, bediente man sich wieder einer Terminologie der Angst und Wörtern, die fürchterlich klingen, vor allem, wenn man sie nicht ganz versteht: Datenlecks! Datenmissbrauch! Big Data! Gläserner Nutzer… und was sonst noch alles. Alle gemeinsam haben sie, dass sie maximal clickbaitable und geeignet sind, den geneigten Nutzer in Angst und Schrecken zu versetzen.

Nach fast drei Wochen hat sich sicherlich jeder von Euch bereits ein Bild von den Geschehnissen und Details rund um die aktuellste Affäre machen können. Summa summarum geht es um ca. 87.000.000 Datensätze, die weder auf illegalem, noch auf legalem Wege in die Hände einer zwielichtigen Firma gerieten: Cambridge Analytica. Gesammelt und verkauft wurden sie von einem Wissenschaftler, der sich Methoden bediente, die jeder kannte und irgendwie akzeptierte. Lest zu den Details dieser Stoy gerne den sehr guten und empfehlenswerten Artikel von @Dennis Horn, der die Geschehnisse sehr schön strukturiert auf medium.com aufbereitet hat: https://medium.com/@dennishorn/der-facebook-skandal-aber-sortiert-e3d58bc67d98.

Mir persönlich geht es in diesem Artikel gar nicht um die Details des aktuellen Skandals oder die Dämonisierung Facebooks, sondern vielmehr um die Frage, inwiefern wir selbst, als Nutzer UND Nutznießer digitaler Dienste in Verantwortung für Datenmissbrauch zu nehmen sind. Es gilt die Frage zu reflektieren, ob wir es uns nicht zu einfach machen, indem wir Verantwortung für den Umgang mit unseren eigenen Daten von Unternehmen und Politik einfordern, uns selbst aber gleichzeitig nicht verantwortungsvoll um unser eigen Agieren kümmern möchten.

Terra Digitalis II: Jeder ist online… auf die ein oder andere Weise

Jeder von uns ist heute digital unterwegs. Ca. 62,4 Millionen Menschen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren sind heute in irgendeiner Weise online. Das ist immens, aber nicht überraschend, nehmen doch die digitalen Dienste immer mehr Raum in unserem Alltag ein. Dabei nutzen wir ganz klassisch den Desktop-PC (81%), mobile Devices wie Smartphones oder Tablets (64%) oder stationäre Technologien im eigenen Zuhause, wie bspw. digitale Assistenten oder Smart Homes. Dabei teilen wir breitwillig unsere Daten auf Plattformen zur sozialen Interaktion, Shops, Reiseportalen, Dating-Apps, Banking-Lösungen, Navi-Systemen, digitalen Assistenten entweder aktiv oder passiv via Daten, die bei Ämtern, Behörden, Ärzten, Arbeitgebern oder Schulen gespeichert werden. Die Liste ist sicherlich um viele  weitere Punkte erweiterbar… wir sind ja nicht von gestern! Fakt ist aber, dass sich niemand über den vollen Umfang, wie und wann wir digitale Fußabdrücke bei der Nutzung der diversen Technologien hinterlassen, bewusst ist. Das wollen wir ja tatsächlich ja auch gar nicht, bedienen wir uns eben jener Technologien doch oft genau deshalb so gerne, weil sie uns das permanente Denken abnimmt: Amazon weiss besser als wir, was wir uns zum Geburtstag wünschen. Spotifys Algorithmus spuckt Songs aus, die genau unserem Geschmack entsprechen, Netflix kennt unsere klammheimliche Obsession für Disney-Filme und Facebook erinnert uns an all die Geburtstage drittklassiger Freunde, die wir im echten Leben schon lange vergessen haben. Aber auch McDonalds weiß, was wir gerne essen, wenn wir die Gutscheine via App nutzen, Payback kennt unsere Einkäufe, wenn wir unsere Karte an der Rewe-Kasse vorzeigen und die Wish-App, dass wir auf chinesischen Plastikmüll stehen (Vgl. https://www.mobiflip.de/app-ranking-das-sind-die-top-10-apps-in-deutschland-03-2018).

Das ist nicht neu. Letztlich ist jedem von uns bewusst, dass wir die Vorteile von Diensten, die wir nutzen in irgendeiner Art und Weise bezahlen müssen. Kein Unternehmen der Welt agiert aus reinem Altruismus. Allerdings ist uns die Währung, mit der wir bezahlen manchmal nicht so griffig und berechenbar, wie es das Geld ist, das die Menschheit seit ca. 1000 vor Christus nutzt, um den Austausch von Waren und Dienstleistungen zu begleichen.  Die neue Währung heißt „Daten“. Weniger kalkulierbar geht gar nicht, da Daten in unserer menschlichen Wahrnehmung eigentlich einem Naturgesetz unterliegen: Dem Vergessen!

Vergessen ist ein Grundrecht

Wir vergessen Dinge, die uns nicht wichtig sind, oder Experimente, die wir im Laufe unseres Lebens gewagt haben. Wir vergessen den Besuch in einem schlechten Club, oder ein Buch, das wir gekauft, aber nie gemocht haben. Wir vergessen unsere Chai-Latte-Phase oder das Date mit einer fragwürdigen Person, die wir bei Tinder kennengelernt haben! Das ist gut so, denn somit halten wir uns charakterliche Facetten offen, überraschen uns selbst oder entdecken neue Seiten an uns und anderen. Eliminiert man den Faktor „Vergessen“, speichert unser Verhalten und unsere Handlungen als Daten, werden wir mit jeder Information kalkulierbarer. Unsere Handlungen werden vorhersehbar und somit manipulierbar.

Mit bezahlbaren digitalen Sprachassistenten hält seit einigen Monaten min auch noch eine ganz neue Facette der Datensammlung in unser Leben Einzug. Und die einst so feschen Smartphones haben schon lange ihre Funktion als Kommunikationsinstrument verloren und dienen eher als digitaler Orientierungspunkt, der uns im Zeitalter der Undurchschaubarkeit zumindest noch einen Hauch von Selbstbestimmung suggeriert. Das digitale Ich, in einer Form, von der wir glauben, sie zumindest noch einigermaßen zu verstehen, sozusagen. Wie auch immer: Überall und zu jederzeit konsumieren wir die Vorteile des digitalen Striptease im Alltag und bezahlen dafür mit dem unsichtbaren und wenig greifbaren Gut: Daten! Wir säen 24 Stunden am Tag und sind uns dessen in den meisten Fällen noch nicht mal bewusst.

Versuche der bewussten Datenreduzierung

Gesetzliche Richtlinien wie das GPDR* (General Data Protection Regulation), welches ab Mai 2018 in der EU und für alle EU-Mitgliedsstaaten in Kraft tritt, will uns da als Nutzer datenbezogener Dienste helfen. Sie bildet einen rechtlichen Rahmen, die das komplexe Feld der Datensammlung und das Dokumentieren unseres digitalen Fußabdrucks durch Unternehmen zumindest erschweren soll (Download „DSGVO– Eine grobe Übersicht“). Dabei werden Unternehmen in verschiedenen Bestimmungen dazu gezwungen, verantwortlicher mit den Daten von Nutzern umzugehen. Was „verantwortlicher“ in diesem Kontext bedeuten soll, ist komplex… anders kann man es nicht ausdrücken, denn all jene, die sich eingehender mit dem Thema Daten, Massendaten und deren Verwertung auseinandersetzen, wissen wie spezifisch sich jeder einzelne Fall von Datenverarbeitung gestalten kann. Dem Nutzer gibt es allerdings ein gutes Gefühl: Man hat das Gefühl, dass 28 Jahre nach der Kommerzialisierung des Internets endlich Richtlinien für Unternehmen geltend gemacht werden, die der unkontrollierten Verwertung von Daten Einhalt gebietet. Wie realistisch die GPDR in einer globalisierten Welt umgesetzt werden kann, wird sich allerdings noch zeigen.

Man mag von Initiativen wie der GPDR halten, was man will. Letztlich sind sie aber ein Zeichen dafür, dass die Sensibilität in Bezug auf Digitalisierung endlich bei der Masse steigt. Termini wie Datenschutz, Data-Mining, Harvesting, Big Data… Begriffe, die vor wenigen Jahren noch meist einer digitalen Elite bekannt waren, sind in der breiten Masse angekommen. Dazu haben sicher auch Skandale wie der oben beschriebenen beigetragen. Ebenso Technologien wie Sprachassistenten oder Smart Home Systeme. Man mag sich bei der Betrachtung dieses Umstandes die Frage stellen, ob es denn erst einer Eskalierung bedarf, bevor man sich der Verantwortung seines Umgangs mit neuen Technologien bewusst wird. Denn so komplex und undurchsichtig diese schöne neue Welt für die meisten sein mag, so sehr befreien Reglementierungen und Bestimmungen nicht vor der Verantwortung des eigenen Handelns.

Ignorantia legis non excusat

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“, besagt eine alte Volksweisheit. So larifari sich diese Weisheit anhört, so sehr trifft sie doch auf unseren Umgang mit Daten zu. Allzu leichtfertig teilen wir gerne unser persönlichstes Gut, um in den Geschmack der Einfachheit zu kommen. Dabei setzen wir uns im gleichen Maße aber sehr ungern mit den zugrundeliegenden Bedingungen auseinander, will heißen: Wir nehmen, ohne zu wissen, wieviel wir bezahlen.

Hand aufs Herz: Wann haben wir das letzte Mal die AGBs von Facebook oder Whatsapp gelesen? Wann die Privatsphäreneinstellungen bei Google Maps gecheckt, oder bei Dropbox? Wie viele von uns benutzen 1password oder schreiben Mails noch immer über yahoo.com, geplagt vom nagenden Gewissen, dass „man mal was machen müsste“. Es letztlich aber dennoch beim Alten belässt. Wie viele unter uns benutzen Chrome, weil es einfach der komfortabelste Browser ist, aber zugleich auch der neugierigste? Und wollten wir mal nicht alle auf Threema umsteigen, weil uns Whatsapp zu unsicher ist?

Unser Digitales Leben wird leider allzu oft von einem „Ich sollte mal wieder…“ und „Mir passiert ja eh nichts“ dominiert. Im Jahrestakt der Skandale und Hiobsbotschaften um geklaute Daten überkommt uns dann das schlechte Gewissen, dass man ja doch mal was machen müsse… Pünktlich zu der medienwirksamen ausgeschlachteten Headline „Datenklau bei Facebook“.

Mir geht es nicht im Geringsten darum, Technologien zu kritisieren. Vielmehr wünsche ich mir einfach ein wenig mehr Selbstreflexion und den Willen, aus der Passivität des „ausgeschlachteten Nutzers“ wieder in die Rolle des aktiven Konsumenten zu schlüpfen. Daten sind nun mal die neue Währung (Bspw. Whatsapp! Smart Home! Smart Watches, Tinder, etc.). Das haben wir zu akzeptieren im Zeitalter der Technologie. Dem komfortabelsten Zeitalter seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Und man kann nicht Komfort einfordern und sich andererseits darüber aufregen, dass für Komfort nun mal Daten notwendig sind. Andererseits müssen wir nicht die Verantwortung des Lebens aus der Hand geben. Wir haben ein naturgegebenes Recht auf Vergessen. Vielleicht sollten wir uns das öfter vor Augen führen.

 

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