Buch-Kritik: Paradox von Phillip P. Peterson


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Paradox – Science-Fiction in Bestform

Kennt ihr Phillip P. Peterson? Ich kannte ihn bis dato nicht, aber aufgrund des hervorragenden Amazon-Empfehlungs-Algorithmus stolperte ich vergangene Woche über besagten Autor und sein Buch „Paradox – Am Abgrund der Ewigkeit“. Ja und was soll ich sagen? Ich bin überwältigt! Und ich möchte mit euch als geneigte Science-Fiction Fans natürlich meine Eindrücke teilen.

Paradox ist die sehr kreative und eingängige Geschichte vierer Astronauten, die sich in sehr naher Zukunft auf den Weg in den Weltraum machen ein Phänomen zu begutachten, dass sich kein Wissenschaftler auf der Erde erklären kann: Das Verschwinden dreier Raumsonden, die die Grenze unseres Sonnensystems zum interstellaren Raum passieren. An Bord des mit einem neuartigen Antimaterie-Antriebes ausgestatteten Raumschiffes Helios, macht sich die Crew auf den Weg an den Rand des Sonnensystems und entdeckt eine alles verändernde Wahrheit.

So viel zur Handlung des Buches. Im ersten Moment hört sich die Zusammenfassung von Paradox wenig neuartig an. Der Sci-Fi Fan hat ähnliche Plots schon öfter gelesen und jeder Arthur C. Clarke Fan -wie ich einer bin- erinnert sich sicher an die ein oder andere Kurzgeschichte, die fast synonym zur obigen Inhaltsangabe ist. Aber das ist ja normal, wurden die meisten Geschichten im Sci-Fi Bereich in irgendeiner Variante ja bereits erzählt. Und genau da kommt Petersons Erzählstil ins Spiel: Fast durchgehend schafft es der Autor, mich mit einer einmaligen Erzählweise aus einer Mischung aus distanziertem Faktenbericht und emotionaler Charakterzeichnung zu fesseln und für dieses Buch zu begeistern.

Peterson lässt sich so viel Zeit, die Charaktere zu entwickeln, dass man sich letztlich wirklich mit ihnen identifizieren und ihnen die -manchmal etwas überzeichneten- Aktionen tatsächlich abkauft. Alle vier Protagonisten sind durchgängig glaubhafte Charaktere, die jeder für sich eine sehr interessante Persönlichkeit mit eigenen Zielen und Intentionen miteinbringt. Den einen kann man leiden, den anderen manchmal nicht. So ist ja auch das wahre Leben.

Dennoch war ich während der Lektüre von Paradox sehr zwiegespalten: Einerseits freute ich mich über die Details rund um Personen, die Erläuterung der Technologie, die wissenschaftliche Exkurse in die Astronomie und die gesellschaftskritischen Aspekte, die geschickt eingewoben sind. Andererseits fragte ich mich schon, wann die eigentliche Story denn endlich losgehen würde. Peterson baut die Charaktere und die Einleitung der Geschichte derart detailliert auf, dass der eigentliche Plot des Romans eigentlich erst ab ca. 70% des Buches eingeleitet wird.

Das ist definitiv zu spät, vor allem, wenn die Hinführung zum Hauptteil und Schluss dann im letzten Drittel eines Romans recht schnell abgehandelt wird. Versteht mich nicht falsch: ich liebe dieses Buch, aber sehr gerne hätte ich mir eine ähnliche Detailtiefe auch am Ende des Romans und vor allem bei der Auflösung selbst gewünscht. Vor allem, da der Titel des Buches die erste offensichtliche Anspielung im Kontext der Geschichte auf das Fermi-Paradox erst auf Seite 320 von 449 (Kindle Edition) erfährt. Bis dahin liest sich das Buch eher wie eine extrem interessante Biographie und Abhandlung über die vier Protagonisten und deren Astronautenleben.

+++ACHTUN: MEGA SPOILER+++

Kommen wir zur Auflösung des Buches: Den Kontakt mit Q (Die Anspielung auf Star Trek fand ich prima, da ich selbst ein großer, großer ST-Fan bin! Q konnte ich nie leiden, daher passt das im Buch ganz gut ;-)) Welch fulminante Auflösung. Was für eine zunächst weit hergeholt wirkende, aber dann doch so logisch aufgelöste Idee!!! Großes Lob an den Autor.

Ich muss gestehen, dass ich bei den ersten Ausführungen Davids, dem Wissenschafts-Astronaut der Helios, und dessen vermuteter Erklärung für die Geschehnisse schon schlucken musste: Wie sollte es irgendeiner Spezies möglich sein, ein gesamtes Sonnensystem mit einer Sphäre zu umhüllen? Ja, mehr sogar: alle Sonnensysteme in unserer und vielen anderen Galaxien. Wieso sollten sie sich so einen Aufwand machen und der Menschheit einen projizierten Sternenhimmel vorgaukeln? Wieso der Aufwand für eine dermaßen fortschrittliche Spezies? Und dann ist da noch Q! Eine artifizielle Intelligenz, Milliarden Jahre alt, erfahren und kollektiv, in der Art und Ausdruck aber steif und wenig emotional, wie Apples Siri!

Mein erster Gedanke ist tatsächlich: Albern! Ich befürchte schon den  Schätzing-Effekt!!! Aber nach anfänglichem Zweifeln und ein wenig Enttäuschung über die sehr außergewöhnliche Auflösung, freunde ich mich recht schnell mit der alles verändernden Wahrheit der Geschichte an. Ohne Zweifel liegt das an der wirklich sehr guten Schreibweise Petersons. Er schafft es, ein glaubhaftes, intelligentes und nachvollziehbares Gespräch zwischen der Crew zu konstruieren, das es selbst dem skeptischen Leser möglich macht, die Auflösung ernst zu nehmen. Dank der hervorragenden Vermischung von wissenschaftlichen Fakten und einer gehörigen Portion Fantasie schafft Peterson den optimalen Spagat zwischen Fakt und Fiktion! So, wie es das Genre definiert. Einziger Schwachpunkt ist meines Erachtens eben nur das plötzlich sehr rasante Tempo, das ich so gar nicht mit seiner zuvor  konsequent ausschweifenden Erzählweise und der Detailliebe vereinbaren kann. Und natürlich Q… die unsympathische KI von nebenan. Hölzern und platt enttäuscht ihr Charakter doch ein wenig.

Summa summarum kann ich dennoch ohne Zweifel sagen, dass ich das Buch liebe! Der Plot, Petersons Ausdruck, diese geniale Mischung aus Science und Fiction… grandios! Natürlich hat das Buch ein paar Schwächen. Verständlich, zumal der Autor noch nicht so viele Bücher veröffentlicht hat und der Erfahrungsschatz noch nicht so groß ist, wie bei anderen Größen des Genres! Aber dennoch empfehle ich Paradox in jedem Fall weiter. Es ist eine Reminiszenz an Arthur C. Clarke und eine Verneigung vor den Technikern und Wissenschaftlern die viel zum Fortschritt in der Luft- und Raumfahrt beigetragen haben, aber selbst wenig bekannt sind.

Ich habe jede Seite genossen und bin gespannt auf eure Meinungen. Habt ihr das  Buch schon gelesen?

* = Affiliatelinks/Werbelinks

Photocredits: NASA/JPL-Caltech

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