Wenn ein Mensch dauerhaft spürt, dass er nur geduldet ist, sucht er Sicherheit dort, wo sie verlässlich ist. Für viele unserer Eltern war das die eigene Kultur. Sprache, Werte, Rituale und Familie wurden zu einem inneren Raum, der Stabilität bot, wenn die äußere Gesellschaft diese nicht geben konnte.
Zur gefühlten Wahrheit gehörte dabei, dass man in Deutschland zwar gebraucht war, aber nicht wirklich erwünscht. Arbeiten ja, aber bitte unsichtbar. Gern in Räumen, die man im Alltag nicht sah. Die Arbeit sollte erledigt werden. Die Menschen dahinter möglichst nicht sichtbar sein. Eine widersprüchliche Erwartung, die tief in kolonialen Denkmustern verankert war. Man wollte das Ergebnis sehen, nicht die, die es möglich machten.
Hinzu kam eine weitere Ambivalenz. Einerseits wurde signalisiert, man solle sich nicht zu sehr integrieren. Es war politisch nicht vorgesehen, dass diese Menschen bleiben. Andererseits erwartete die Mehrheitsgesellschaft Anpassung. Am besten deutsch wirken. Aber bitte nicht so sichtbar, dass diese Erwartung überhaupt erst ausgesprochen werden musste. Ein Widerspruch, der politisch nicht aufgelöst und gesellschaftlich nie ehrlich verhandelt wurde.
Das Festhalten an der eigenen Kultur war vor diesem Hintergrund kein Zeichen von Abgrenzung oder Integrationsverweigerung. Es war eine Schutzreaktion. Ein Versuch, Würde zu bewahren in einer Situation, in der Zugehörigkeit weder angeboten noch klar verwehrt wurde. Wer zugleich unsichtbar bleiben und sich anpassen soll, entwickelt Strategien, um sich selbst nicht zu verlieren.